Einiges hat sich verändert – die Gewalt gegen Geflüchtete hat andere Formen erhalten. Ein sehr ausführlicher Beitrag von Christian Jakob (taz).
Von Christian Jakob, taz 24.4.2024:
„Mahnmal im Mittelmeer
Auf der griechischen Insel Lesbos blickt man ratlos auf den beschlossenen europäischen Asylpakt. Derweil wird ein Friedhof zum Symbol für Menschlichkeit.
Das letzte Grab, Nummer 197, ist noch frisch, ein Haufen brauner Erde im Gras. Eine alte Frau aus Syrien liegt hier begraben, sie floh mit ihrer Familie und starb vor einer Woche. Bald schon wird Sohrab Shirzad ein richtiges Grab daraus machen: heller Beton, weißer Kies, ein Grabstein. So wie bei den anderen 196 Gräbern. Und bei denen, die noch kommen werden.
Shirzad floh aus Afghanistan hierher, ein junger Mann mit schwarzen Locken, breitem Lachen, an diesem Frühlingstag Ende April hat er sein Kind mitgebracht, er trägt es auf den Schultern, läuft zwischen den Gräbern umher und zeigt auf seinem Handy Bilder davon, wie es hier noch vor Kurzem aussah. „Wir mussten alles planieren, das war das Schwerste“, sagt Shirzad. Ein Jahr hat er an diesem Friedhof gearbeitet, hat andere Geflüchtete aus dem Lager auf der Insel hierher gebracht, sie haben gemäht, Schutt abgeräumt, einen Zaun gezogen, Wege angelegt, über jedes Grab eine Platte gegossen.“
Weiterlesen