
AthensLive Wire Newsletter, 19.11.2022:
„Alle Indizien deuteten darauf hin, aber es war nicht bewiesen worden. Am Montag kam der Beweis mit einem weiteren bahnbrechenden Bericht – diesmal von Inside Story: Es war der Nationale Geheimdienst EYP, der Predator (1) im Jahr 2019 gekauft hatte. Der Kauf war in einem anderen Vertrag „versteckt“.
Genauer gesagt wurde laut Inside Story Intellexa, das die Spionagesoftware Predator vertreibt, im März 2020 offiziell in Griechenland gegründet.
„Das Unternehmen Krikel, das dem Geschäftsmann Yiannis Lavranou gehört, wurde ab 2018 zum bevorzugten offiziellen Lieferanten des Ministeriums für Bürgerschutz… Von 2018 bis heute haben Krikel und das Ministerium für Bürgerschutz sieben Verträge unterzeichnet, von denen sechs als vertraulich eingestuft wurden“, heißt es in dem Bericht.
Im Sommer 2020 „unterzeichnet EYP einen Vertrag mit dem italienischen RCS Lab für das MITO-System, der jedoch mit einem Untervertrag mit Krikel verbunden ist – einem Unternehmen, dessen wichtigster (wenn nicht sogar einziger) Kunde das Ministerium für Bürgerschutz ist und dessen ursprünglicher satzungsmäßiger Zweck im Jahr 2017 der Großhandel mit Reis war. Nach zuverlässigen Informationen, die Inside-Story vorliegen und veröffentlicht wurden, besuchten Mitarbeiter von Krikel in der Rolle von ‚Ausbildern‘ mindestens zwei Monate lang (Dezember 2021, Januar 2022) Einrichtungen des EYP in Agia Paraskevi (2).“
In demselben Bericht wurden Transaktionen zwischen Bankkonten von Krikel und Intellexa aufgedeckt.
„In Agia Paraskevi, in einem von der griechischen Regierung kontrollierten Gebiet, wurde – nach zuverlässigen Insiderinformationen – das illegale Überwachungssystem Predator von Intellexa installiert. Seine Anschaffung hat die griechische Seite 7 Millionen Euro gekostet, und seither belaufen sich die Kosten für zehn abwechselnde Ziele pro Monat auf 150.000 Euro. Denselben Quellen zufolge wurde der Kauf des Systems in einem anderen EYP-Vertrag ‚versteckt‘.“
Der Bericht kritisiert auch die nationale Transparenzbehörde EAD. Denn im Juli hatte die EAD dem Journalisten Koukakis ihren Bericht über seine Abhöraktion mit Predator vorgelegt und betont, dass sie keine Beziehung zwischen dem griechischen Staat und Intellexa festgestellt habe. Der Journalist hatte die Behörde aufgefordert, das Bankgeheimnis für alle betroffenen Unternehmen, einschließlich Intellexa und Krikel, aufzuheben – was die EAD nicht getan hat.
Inside Story behauptet, dass die Wahrheit ans Licht gekommen wäre, wenn die Verbindung zwischen den Bankgeschäften von Intellexa und Krikel schon damals aufgedeckt worden wäre.
Dieser Bericht beweist, dass Premierminister Mitsotakis letzte Woche in seinem Interview mit ANT1 TV gelogen hat. Wie wir hier analysiert haben, behauptete der Premierminister, dass die Enthüllungsdokumente (die Liste der abgehörten Personen) eine glatte Lüge sind, eine nicht belegte Anschuldigung. Er sagte ausdrücklich: „Wir wissen nicht, wer die Überwachung durchführt, wir sollten es herausfinden. Es ist nicht EYP, das mit Spionageprogrammen arbeitet, und ich persönlich bin in keiner Weise daran beteiligt“.
Nun, jetzt haben wir es herausgefunden.
Interessant ist auch, was Tasos Telloglou von Inside Story, der diese Woche vor dem Veraband der Strafverteiger sprach, sagte: „Ende Juni wurde auf einer Regierungssitzung erwogen, Thanassis Koukakis wegen der Verbreitung von Fake News zu verhaften, während eine Kampagne zur Diskreditierung des CitizenLab [d.h. des Labors, in das Telefone geschickt werden, um zu prüfen, ob sie abgehört wurden] ebenfalls in Arbeit war.“
Er verglich die Situation auch mit der früher in Ost-Berlin. Er verwies darauf, dass er sein Telefon zu Hause ließ, während er kritische Treffen mit Quellen hatte: „Wir haben unter analogen Bedingungen wie in Ost-Berlin/Athen 1973 gearbeitet.“
Interessant ist, dass der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Makedonien, Nikos Marantzidis, in einem Artikel für die Tageszeitung „Kathimerini“ den gleichen Vergleich anstellte.
Marantzidis erinnerte sich an die „schrecklichste Geschichte“, die er je über die Stasi, die ostdeutsche Geheimpolizei, gehört hatte. Er bezog sich auf eine Umweltaktivistin in Ostdeutschland in den 80er Jahren. Jedes Mal, wenn sie nach Hause zurückkehrte, fand sie die Dinge an einem etwas anderen Ort vor, als sie sie verlassen hatte. Als das Regime fiel, erhielt sie Zugang zu ihrer Akte bei der Stasi, um festzustellen, dass Geheimagenten dies absichtlich taten, nur damit sie wusste, dass sie bespitzelt wurde und sich hilflos und allein fühlte.
„Das ist die Geschichte, an die mich der bahnbrechende Artikel von Tassos Telloglou erinnert hat“, schrieb der Professor und bezog sich dabei auf den Artikel, den Telloglou veröffentlicht hatte und in dem er beschrieb, wie er verfolgt und ausspioniert wurde.
Wir möchten an dieser Stelle erwähnen, dass wir die Ähnlichkeit schon vor Marantzidis erkannt haben (unser früherer Newsletter trug den Titel „Das Leben der Anderen“ (3). Und wir möchten betonen, dass die Tageszeitung Kathimerini etwas noch nie Dagewesenes getan hat.
Sie schrieb unter den Artikel:
„Der Artikel drückt die persönliche Meinung des Autors aus, mit der ‚K‘ (4) nicht einverstanden ist.“
Diese Schande für die freie Presse geschah, obwohl der Leiter von Kathimerini, Alexis Papachelas, ebenfalls auf der Liste der abgehörten Personen von ‚Documento‘ stand.“
Anmerkungen (G.B)
(1) Die Überwachungssoftware, die vollständige Überwachung von Handys ermöglicht
(2) Vorort von Athen
(3) Spielfilm über die Stasi
(4) Abkürzung für die Tageszeitung Kathimerini