„Staatsangestellten ist es verboten, in Prozessen auszusagen.“

AthensLive Wire Newsletter, 5.6.2021;
Staatsangestellten ist es verboten, in Prozessen auszusagen.
Am Montag schickte die Rechtsberaterin des Staates Eleni Pasamichalis
ein Rundschreiben an das Migrationsministerium und seine Mitarbeiter.
Laut diesem Rundschreiben ist es allen Angestellten untersagt, in einem
Prozess zugunsten des Klägers und gegen den griechischen Staat (als
Angeklagtem) auszusagen – da dies „ein disziplinarisches Fehlverhalten
und eine Straftat“ darstellen würde.
Laut diesem Dokument dürfen die Angestellten nur aussagen, „um die
Argumente des griechischen Staates zu untermauern“, und dies auch nur,
„nachdem unser Büro einen schriftlichen Antrag gestellt und sich mit der
für die Bearbeitung des Falles zuständigen Person verständigt hat.“
Die Rechtsberaterin versuchte, dieses Rundschreiben mit einer
Pressemitteilung zu rechtfertigen, indem sie sich auf eine Art
„Geheimhaltungspflicht“ der Mitarbeiter für „Staatsgeheimnisse“ und auf
den Verhaltenskodex für Mitarbeiter berief. Darin heißt es jedoch
eindeutig, dass Bürgern und öffentlichen Angestellten solche Grenzen
nicht gesetzt werden können, was im Widerspruch zu dem steht, was Pasamichalis
angeordnet hat.

SYRIZA brachte das Thema zur Diskussion im Parlament, reichte dazu eine
entsprechende parlamentarische Anfrage ein.

Nach den heftigen Reaktionen gab das Migrationsministerium am Freitag
eine „Korrektur“ des Rundschreibens heraus, die besagt, dass Angestellte
des öffentlichen Dienstes gegen den Staat aussagen können, sofern sie
„die Genehmigung des Ministers“ dafür eingeholt haben (!) Gleichzeitig
beschränkt es die Angestellten darauf, nur in Fällen auszusagen, die mit
Asylanträgen zu tun haben, und nur im Zusammenhang mit ihren Aufgaben.

Der Zeitpunkt des Rundschreibens von Pasamichalis erweckt Verdacht.
Am 11. Juni 2021 findet auf der Insel Chios der Prozess gegen vier der
sechs jugendlichen Migranten statt, die beschuldigt werden, das Lager
Moria niedergebrannt zu haben. Die beiden anderen Teenager, unbegleitete
Minderjährige, wurden bereits wegen Brandstiftung verurteilt und
inhaftiert. Nichtregierungsorganisationen wie Christian Peacemaker Teams
haben kürzlich einen fairen und transparenten Prozess für die
angeklagten Moria 6 gefordert, basierend auf der Unschuldsvermutung.
„Vom Moment ihrer Verhaftung an und vor jedem ordentlichen
Gerichtsverfahren wurden sie der Öffentlichkeit als die Schuldigen
präsentiert“, sagt CPT. „Zwei mitangeklagte Minderjährige wurden bereits
im März zu Gefängnisstrafen verurteilt, trotz fehlender Beweise und
eines von Unregelmäßigkeiten durchzogenen Prozesses.“ Und sie schließen:
„Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass ihr Recht auf ein faires und
gerechtes Verfahren auf der Grundlage der Unschuldsvermutung nicht
gewährleistet ist und sie stattdessen zu Sündenböcken für die
unmenschliche EU-Migrationspolitik gemacht werden.“
(Quelle)

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