
„Sie haben ihre Familien verloren, sind gebrochen und hoffnungslos: die Minderjährigen im griechischen Flüchtlingslager Moria. Sie wollen ihre Geschichten erzählen.
Der kleine Propellerflieger umkreist die griechische Insel, macht sich bereit zur Landung auf dem überschaubaren Flughafen. Ich schaue aus dem ovalen Fenster zu meiner Rechten. Dichte Wälder recken sich in weite Höhen, satte Grüntöne soweit das Auge reicht. Baumkronen reflektieren das gleißende Licht. Die Luft ist klar, der Himmel blau. Aus der Vogelperspektive erwartet uns das Paradies. Wir fahren entlang der Küste in Richtung Mytilini. Die olivenbaumgesäumte Landstraße ist wie leergefegt, nur wenige Autos kommen uns entgegen. Die erste menschliche Geschäftigkeit begegnet uns bei der Ankunft im Hafen. Backsteinpflaster, der Geruch von griechischem Kaffee, von irgendwo dringt Musik durch die Gassen. Kellner räumen Tische ab, alte Männer sitzen am Straßenrand und rauchen, Hafenarbeiter laden Fischkörbe auf Lastwagen. Nichts erinnert an die Hölle, die nur eine 15-minütige Autofahrt entfernt liegt. Bevor wir unsere Reise antraten, stand viel Recherche an. Über die Kinder in Moria, in Olive Grove, die Bedingungen unter denen sie leben müssen. In Sektion B des Lagers werden die Minderjährigen untergebracht, die niemanden mehr an ihrer Seite wissen. Kinder, deren Eltern im Krieg starben, die Flucht nicht überlebten oder zu schwach waren, aus ihren Heimatländern zu fliehen. Mehr als 520 Kinder, die laut Unicef in einer Einrichtung leben, die ursprünglich für höchstens 160 Personen geplant war. Ich wollte sehen, wie es ihnen geht, was Europa für sie bereithält.“