
Von Ralf Kliche.
Die Wendung der Staatsanwaltschaft im Mordprozess um die Ermordung von Pavlos Fyssas hat schnelle, heftige und breite Reaktionen auf der Linken hervorgerufen. Nachdem jahrelang versucht worden war, die Verstrickung der Partei und Parteiführung der faschistischen Goldenen Morgenröte in die Ermordung des linken Musikers nachzuweisen, sieht die Staatanwaltschaft nun plötzlich nur noch eine individuelle Schuld des Täters und fordert den Freispruch für die mitangeklagten Parteirepräsentanten.
In Reaktion darauf haben zahlreiche Organisationen für den 21.12.2019 um 13:00 Uhr zu großen Demonstrationen in Athen aufgerufen. Das zentrale Motto der Demonstration lautet: „Nein zur Reinwaschung der mörderischen Goldenen Morgenröte – das Volk auf die Straße! Zerschlagt den Faschismus – Widerstand gegen die staatliche Unterdrückung!“ Auch die Vereinigte Bewegung gegen Rassismus und Faschismus KEERFA sowie mehrere migrantische Organisationen und Einzelpersonen haben zu einer Demonstration eine Stunde später am selben Ort aufgerufen. (1)
Die für Justizfragen zuständige Gruppe von SYRIZA hat ebenfalls zur Teilnahme an den antinazistischen Demonstrationen aufgerufen.
In ihrem zentralen Demonstrationsaufruf werfen die Organisationen der Staatsanwaltschaft vor, zahlreiche Beweise zu ignorieren, die für eine unmittelbare Beteiligung der lokalen Organisation der Goldenen Morgenröte an der Ermordung von Fyssas sprechen. Sie verweisen darauf, dass die verantwortliche Staatsanwältin Adamantia Oikonomou diejenige war, die mit großem Nachdruck die Verurteilung von Tassos Theophilos gefordert hatte. Ihm wurde vorgeworfen, als Mitglied einer linksterroristischen Vereinigung 2012 einen Raubüberfall begangen zu haben, bei dem ein Taxifahrer getötet worden war. Theophilos hatte aufgrund dieser Vorwürfe 5 Jahre in Haft verbracht, bevor er 2017 vom obersten Gericht freigesprochen wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Freispruch Einspruch eingelegt, der aber im Sommer 2018 bestätigt wurde, so dass Tassos Theophilos nun endgültig frei ist.
Der Demonstrationsaufruf stellt einen Zusammenhang zu der in letzter Zeit massiv angestiegenen Polizeigewalt her. Unter dem Label „Recht und Ordnung“ habe die neue ND-Regierung einen undemokratischen Angriff auf das öffentliche und politische Leben gestartet: Mit dieser Politik „setzt die Regierung ihre Pläne fort, die Arbeiter- und Streikbewegung angesichts des jüngsten Streiks der Metro-Arbeiter mit reaktionären Maßnahmen zu unterdrücken. Die zahlreichen illegalen Verhaftungen, Zerschlagung des Asylrechts, Misshandlung von Demonstranten, Räumung von solidarischen Einrichtungen und die Fokussierung auf politische Plätze und Kämpfe werden nicht vorübergehen!“ (2)
Zugleich fordert ein Abgeordneter der ND den Einsatz von Plastikgeschossen durch die Polizei. Für die Verwendung solcher Munition müsse man sich nicht entschuldigen, schließlich sei ihre Verwendung durch die Polizei in vielen Ländern üblich und Griechenland deshalb in guter Gesellschaft (3).
Der Prozess gegen die Fyssas-Mörder soll am 8. Januar 2020 fortgesetzt werden. Die Demonstranten haben angekündigt, dann wieder auf der Straße zu sein.
Quellen / Anmerkungen:
- https://www.efsyn.gr/ellada/koinonia/224116_syllalitirio-gia-tin-astynomiki-bia-kai-xeplyma-tis-hrysis-aygis
https://www.efsyn.gr/node/223802 - https://www.efsyn.gr/ellada/koinonia/224116_syllalitirio-gia-tin-astynomiki-bia-kai-xeplyma-tis-hrysis-aygis
- https://thepressproject.gr/vouleftis-tis-nd-zita-ti-chrisi-plastikon-sferon-apo-tin-astynomia/