Gesundheit à la Mitsotakis

Von Ralf Kliche.
Die Veränderungen, die die neue Regierung der Nea Dimokratia am griechischen Gesundheitssystem seit dem Wahlsieg vornimmt, erfolgen zumeist ohne große mediale Resonanz. Die wesentlichen Leistungen des Syriza-geführten Gesundheitsministeriums, besonders der grundsätzlich freie Zugang zum Gesundheitssystem, wurden bislang nicht ernsthaft angetastet. Nur im Bereich der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen ist eine Einschränkung dieses Zugangsrechts im Rahmen der Verschärfung der Migrationspolitik erfolgt. Dadurch, dass den geflüchteten Personen die Krankenkassenkarte AMKA vorenthalten wird, solange sie keinen Asylstatus haben, verlieren diese den Zugang zum Gesundheitssystem. Wie / ob ihre medizinische Versorgung zukünftig gesichert sein soll, ist bislang nicht geklärt.
Allerdings wurde zuletzt die neue Ausrichtung der Gesundheitspolitik öffentlich, als ein von der neuen Regierung ernannter Krankenhausverwalter unter öffentlichen Druck geriet, nachdem seine Ernennung als Ausdruck von Vetternwirtschaft kritisiert wurde. Als der 81-jährige Konstantinos Pateras, der zum Verwalter des Krankenhauses von Karditsas (Mittelgriechenland, in der Nähe von Trikala) ernannt worden war, in öffentlichen Auftritten diesen Verdacht auch noch bestätigte, war er nicht mehr zu halten. Pateras trat Ende November von dem Posten zurück. Es war bekannt geworden, dass Pateras sich vor den Europawahlen mit Mitsotakis getroffen hatte, um Wahlkampfunterstützung für die Nea Dimokratia zu leisten. Sein enger Freund, der derzeitige Justizminister Kostas Tsiaras, wollte ihn als Krankenhausverwalter einsetzen und Pateras selbst hatte in einem Radiointerview im September erklärt: „Ich werde hingehen, wohin man mich schickt, um zu helfen. Ich bevorzuge natürlich Trikala, wo ich die personelle Lage und die Probleme des Krankenhauses besonders gut kenne.“ (1)

Die Syriza-Opposition versuchte, den Skandal mit Rücktrittsforderungen gegenüber Gesundheitsminister Vasilis Kikilias zu eskalieren, dies hat aber wohl geringe Erfolgsaussichten.

Zur Funktion eines Krankenhausverwalters in Griechenland sei als Hintergrund erwähnt: Das Gesundheitsministerium ernennt für alle staatlichen griechischen Krankenhäuser Verwalter und ihre Stellvertreter. Die Liste der neuen Regierung wurde am 22.11.2019 veröffentlicht. (2) Einmal im Quartal soll bewertet werden, ob die ernannten Personen ihre Ziele erreicht haben. Ggf. sollen sie abgelöst werden.

Als Ziele wurden definiert: (3)

  1. Finanzmanagement: Kostensenkungen für Infrastruktur (Energie, Instandhaltung) und medizinische Ausgaben (Medikamente, medizinisches Material, Laborbedarf etc.), ordnungsgemäße Kontenführung
  2. Qualitative Ziele: Reduzierung von Krankenhausinfektionen und Antibiotika-Einsatz, Verkürzung von Wartezeiten, Verbesserung der Zufriedenheit von Patienten und Mitarbeitern)
  3. E-Governance: Nutzung elektronische Krankenakten, Ausbau der IT-Infrastruktur, Datenschutz

Das Ministerium legt Wert darauf, dass alle ernannten Personen über betriebswirtschaftlich orientierte Studienabschlüsse und Erfahrungen in der Verwaltung verfügen. Es geht also um Kostensenkungen, nicht um die Qualität medizinischer Versorgung.

Damit die Auswahl der Krankenhausverwalter auch nach den Vorstellungen der Regierung erfolgt, war bereits im Vorfeld der Auswahlprozess administrativ geändert worden.

Der Gesundheitsminister der letzten Regierung, Andreas Xanthos, hatte versucht, der Klientelpolitik entgegen zu steuern, indem er das rein wissenschaftliche Beratergremium KESY des Ministeriums aufwertete und dessen Direktor in das Auswahlgremium für die Krankenhausverwaltungen berief. (4)

Gesundheitsminister Kikilias hat dies widerrufen und dafür einen Ministeriumsvertreter bestellt. Auch die Zuständigkeit für die Ausrichtung medizinischer Konferenzen wurde beschnitten. Sie wurde zurück übertragen an die Nationale Pharma Organisation, eine dem Ministerium angegliederte Gesellschaft. Kritiker sehen darin den Versuch, die von Syriza begonnene Transparenz-Initiative zu stoppen, mit denen das Ministerium gegen die verbreitete Korruption im Pharma- /Gesundheitswesen vorgehen wollte.

Quellen / Anmerkungen:

  1. https://www.efsyn.gr/ellada/ygeia/220659_o-kapetan-konstantis-o-kyriakos-kai-o-thessalarhis-tsiaras
  2. https://www.efsyn.gr/node/220112
  3. https://www.kathimerini.gr/1053703/article/epikairothta/politikh/dieykriniseis-toy-ypoyrgeioy-ygeias-gia-thn-epilogh-twn-newn-dioikhtwn-nosokomeiwn
  4. zu KESY vgl. die Homepage des Gremiums (tlw. auf englisch): https://www.moh.gov.gr/articles/kentriko-symboylio-ygeias-ndash-kesy/central-board-of-health
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