
Andere Herrscher beginnen einen Krieg, wenn ihre Macht wackelt, Mitsotakis bricht in so einer Situation viele Regeln des Völkerrechts auf einmal. Der gerade erst von Mitsotakis neu ernannte Migrationsminister Thanos Plevris sprach heute im Parlament davon, dass die Asylsuchenden einen Bevölkerungsaustausch bewirken könnten. Wegen Plevris‘ nie verheimlichter rechtsextremer Vergangenheit überrascht dieses weltweit bei Faschisten beliebte Narrativ nicht.
Das griechische Parlament verabschiedete heute mit den Stimmen der Nea Dimokratia ein Gesetz, das vielleicht die brutalsten Rechtsbrüche bezüglich des Asylrechts beinhaltet, die jemals ein Mitglied der EU veraschiedet hat.
Amnesty International veruteilte dies scharf (1) :
„Griechenland: Neue Asyl- und Rückführungsvorschläge verletzen in eklatanter Weise internationales Recht und bestrafen Schutzsuchende
>Als Reaktion auf die Nachricht, dass das griechische Parlament dafür gestimmt hat, die Registrierung von Asylanträgen von Menschen, die mit Booten aus Nordafrika kommen, für drei Monate auszusetzen und sie in ihr Herkunftsland zurückzuschicken<, sagte Adriana Tidona, Migrationsforscherin von Amnesty International:
>Diese schändlichen Vorschläge verstoßen in eklatanter Weise gegen internationales Recht und tragen nicht dazu bei, die Bedingungen für Flüchtlinge und Migranten, die sich bereits auf Kreta und Gavdos befinden, zu verbessern – sie bestrafen lediglich die Menschen, die Schutz suchen. Die Verweigerung des Rechts auf Asyl aufgrund der Art und Weise, wie jemand ankommt, ist diskriminierend und verstößt gegen die Grundprinzipien des Flüchtlingsschutzes. Nach internationalem Recht ist es strengstens untersagt, Menschen zurückzuschicken, ohne vorher ihre Situation zu prüfen. Die griechische Regierung sollte diese Entscheidung unverzüglich rückgängig machen.
Die griechischen Behörden haben außerdem angekündigt, dass sie auf Kreta eine Hafteinrichtung einrichten wollen, um irregulär eingereiste Personen zu inhaftieren. Sollte dieser Vorschlag in die Tat umgesetzt werden, wird er wahrscheinlich zu einer automatischen und damit willkürlichen Inhaftierung von Migranten führen, was einen Verstoß gegen EU- und internationales Recht darstellt.
Als Hüterin des EU-Rechts muss die Europäische Kommission dringend eine Rücknahme der Maßnahmen fordern und gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Wenn die EU-Institutionen diese Maßnahmen nicht rasch und entschieden verurteilen, würden sie nicht nur grundlegende Grundsätze des EU- und Völkerrechts, sondern auch die Bemühungen um ein gemeinsames europäisches Asylsystem gefährden.<
Hintergrund
Am 11. Juli stimmte das griechische Parlament für den Änderungsantrag. Die Abstimmung erfolgte im Anschluss an eine kürzliche EU-Mission nach Libyen zur Erörterung der Zusammenarbeit im Migrationsbereich, die dazu führte, dass der Delegation die Einreise nach Ostlibyen verweigert, sie zur „Persona non grata“ erklärt und zur Ausreise aufgefordert wurde.
Seit Anfang 2025 ist die Zahl der Ankünfte aus Libyen auf den griechischen Inseln Kreta und Gavdos gestiegen. Ein am 7. Juli veröffentlichter NRO-Bericht wies auf die mangelhaften Erstaufnahme- und Unterbringungsbedingungen auf Kreta hin (2).
Im Jahr 2020 ergriff Griechenland ähnliche Maßnahmen wie die heute beschlossen – damals als Reaktion auf die zunehmenden Ankünfte an den Grenzen zur Türkei – indem es das Asylverfahren aussetzte und die Rückführung der Überquerer vorschlug. Damals berichtete Amnesty International von Fällen von Zurückdrängung, Schlägen und willkürlicher Inhaftierung und sogar von Todesfällen und Verletzungen durch den Einsatz scharfer Munition (3). Dieses Szenario darf sich nicht wiederholen.
In seiner gestrigen Rede vor dem Parlament kündigte der griechische Premierminister auch die Absicht seines Landes an, mit den libyschen Behörden zusammenzuarbeiten, um die Migrationsströme nach Griechenland zu stoppen. Wie Amnesty International gewarnt hat (4), hat die anhaltende Unterstützung der EU für die libyschen Behörden, um die Fahrten zu stoppen, dazu geführt, dass Zehntausende von Menschen auf dem Meer abgefangen und gewaltsam in Haftzentren in Libyen zurückgebracht wurden.“
Anmerkungen
(2) Crete – Gavdos: 7,336 refugee arrivals in the first half of 2025
(4) EU-Libya: EU’s migration cooperation with Libya is ‘morally bankrupt’ and amounts to complicity in violations – Amnesty International

