
Von Isabel Armbrust
Im Zweiten Weltkrieg hinterließ die deutsche Armee viele Tote und ungeheure Verwüstung in Griechenland. Da liegt die Frage nahe, welche Bedeutung der 80te Jahrestag des 8. Mai in disem Land hat.
In Griechenland hat der 8. Mai, den wir in Deutschland als Tag der deutschen Kapitulation und seit 1985 auch offiziell als Tag der Befreiung „von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ (Richard von Weizäcker) begehen, nicht den zentralen Stellenwert. Denn für Griechenland ist der 13. Oktober 1944 der eigentliche Tag der Befreiung. Die deutsche Besatzung endete bereits im Oktober 1944, als die Wehrmacht Athen verließ. Das Aufatmen währte bekanntlich nur kurz, denn in Griechenland wurde weitergekämpft. Die dritte Runde des Bürgerkriegs zwischen linker Volksfront und den rechten Kräften wurde erst am 9. Oktober 1949 beendet.
In Kreta ergaben sich verbliebene 14.000 Wehrmachtssoldaten erst am 9. Mai 1945. Dennoch steht auch in Kreta der 9. Mai eher im Schatten des Gedenkens an den mutigen Widerstand der kretischen Bevölkerung gegen die Deutschen, die am 20. Mai 1941 in Kreta gelandet waren. Am 20. Mai finden auf der Insel daher Gedenkfeiern, Kranzniederlegungen und Konzerte statt.
Der Mainstream in Griechenland feiert besonders den Ochi-Tag (der 28.Oktober ist nationaler Feiertag), der an das gegen die Invasionspläne Mussolinis gerichtete Nein des Diktators Ioannis Metaxas am 28. Oktober 1940 erinnert. Der Tag gilt als Symbol des Widerstandes gegen die Agression zunächst durch die italienischen, danach deutschen Faschisten. Bei den offiziellen Feiern wird allerdings nicht ausreichend gewürdigt, dass der Widerstand vornehmlich von der linken nationalen Befreiungsfront EAM und den bewaffneten Kräften der ELAS getragen war. Griechenlands Linke begeht diesen Tag daher mit einer eigenen Deutung und erinnert daran, dass das Nein besonders von linken Widerstandskämpfern „umgesetzt“ wurde.
Auch die Bewegung gegen das Strukturanpassungs-Diktat der EU-Troika im Jahr 2015 nahm auf dieses historische „Ochi“ Bezug. Der Ausgang des Referendums vom 5. Juli 2015, bei dem 61,3 Prozent der Griech:innen gegen die von den Gläubigern geforderten Sparmaßnahmen stimmten, wurde als neues Ochi gefeiert.

