
[Update 29.1.24: Artikel zum Urteil im Prozess]
Ein Gerichtsverfahren gegen Menschen, die angeklagt sind, eine 12-jährige vergewaltigt und an andere zur Vergewaltigung vermittelt zu haben, erhält zur Zeit viel Aufmerksamkeit in Griechenland. Anfangs hatte die Polizei erklärt, sie wisse von 213 „Kunden“, die das Mädchen vergewaltigt hatten. Im jetzigen Gerichtsverfahren sind nur noch 27 angeklagt und es ist unklar, was mit den anderen ist.
Hauptangeklagter ist Michos, der Besitzer eines Ladens in Kolonos, einem armen Bezirk Athens. Er war in seinem Bezirk bekannter Politiker der Nea Dimokratia. Seine Ex-Frau war Abgeordnete des Parlaments der Stadt Athen. Außerdem pflegte er enge Beziehungen zur Kirche und zur Polizei. Während der Samaras-Regierung versorgte er das Gesundheitsministerium über seinen Laden mit Reinigungsmitteln und erledigte später Aufgaben bei der Kommission für die Überwachung und Kontrolle des Glücksspiels. (1) Laut Anklage soll er das Mädchen oft selbst vergewaltigt haben und lange zur Prostitution gezwungen haben. Er soll Treffen mit ihr und Kunden organisiert haben, u.a. in Bordells.
Der Fall hat Verbindungen zur griechischen Polizeimafia. „In einem kürzlich erschienenen Bericht brachte Reporters United das Bordell, in dem das Mädchen angeblich prostituiert wurde, mit dem „Schutzring“ der griechischen Polizeimafia in Verbindung, und zwar über eine Person unter dem Pseudonym „Marina“, die Berichten zufolge die wahre Besitzerin des Studios war, während eine Untersuchung beim Allgemeinen Handelsregister ihre Verbindung zur Kassandra-Straße Nummer 6 [Adresse des Bordells, GB] aufdeckte, wo sie zuvor ihre berufliche Tätigkeit angegeben hatte. „Marina“ ist eine Angeklagte im griechischen Mafia-Prozess, der vor dem Athener Berufungsgericht stattfindet, weil ein Geheimdienst-Bericht, der nach einer Überwachung in den Jahren 2015-2016 erstellt wurde, enthüllte, dass sie im Namen des Rings das Geld für die „Deckung“ der Bordelle in Kerameikos und Kallithea kassierte.“ (2)
Weil es keine Zulassung hatte, wurde das Bordell „am 26.11.2014 erstmals versiegelt und am 13.4.2016, 10.6.2016, 12.7.2016, 23.7.2018 und 8.1.2020 wieder versiegelt! Aus diesen Tatsachen wird deutlich, dass der Versiegelungsprozess für die Augen der Welt durchgeführt wird, da er systematisch verletzt wird, ohne Konsequenzen für den Täter des Verstoßes. Die Abteilung zur Bekämpfung des Menschenhandels, die Teil des Dienstes für organisierte Kriminalität der griechischen Polizei ist, „entdeckte“ den illegalen Betrieb und informierte die Stadtpolizei am 17.10.2022, also nach den Enthüllungen bezüglich des Falles der 12-Jährigen. …Das Karussell der Versiegelung und Wiedereröffnung derselben Bordelle, bei dem die Siegel wenige Stunden nach der Schließung gebrochen werden, ist die Norm, sagte uns ein Beamter der Stadtpolizei.“ (3)

„Der Fall hat bewiesen, dass der griechische Staat ein kindliches Opfer nicht schützen kann.
Die Medien und die Anwälte der Angeklagten hatten von Anfang an sensible Informationen über das 12-jährige Vergewaltigungs- und Prostitutionsopfer im Fernsehen preisgegeben.
Die Anwälte der Vergewaltiger hatten sich im Fernsehen äußerst provokant geäußert und damit eine opferfeindliche Verteidigungslinie offenbart. Die 12-Jährige „sah eher wie 20 aus, sie war groß und kräftig“, sagte einer von ihnen.“ (4)
Das Mädchen wurde sogar bei einem Überfall mit einem Messer verletzt.
Die „Bombe“ im Gerichtsverfahren war das Plädoyer der Staatsanwältin: Sie forderte Freisprüche für Michos bezüglich der Anklagen der Vergewaltigung, der Zwangszuhälterei und der Einnahme von Geld aufgrund von Zuhälterei.
Michos hatte behauptet, er sei in die 12-jährige verliebt gewesen, sie habe einverständlich mit ihm Sex gehabt.
Allerdings solle er nach Meinung der Staatsanwältin wegen schweren Missbrauchs einer Minderjährigen, Besitz von Kinderpornografie, Vermittlung von Kinderprostitution und illegalem Waffenbesitz verurteilt werden.
Das Plädoyer der Staatsanwältin löste eine Welle von Protesten aus.
„Es stellt sich vor allem die Frage, wie es möglich ist, dass der Geschlechtsverkehr mit einem damals 12-jährigen Kind nicht als Vergewaltigung gilt und welche Art von Rechtssystem es zulässt, dass der Umgang mit einem Kind in diesem Alter als einvernehmlich angesehen wird.“ formulierte das Solidaritätskomitee mit der 12-Jährigen. (5)
Der griechische Kinderpsychiatrieverband betonte, dass „jede Andeutung, dass ein 12-jähriges Kind in eine sexuelle Handlung mit einem Erwachsenen einwilligen könnte, moralisch inakzeptabel und wissenschaftlich unbegründet ist.“ (6)
Anmerkungen
- https://www.efsyn.gr/politiki/425930_arriktoi-desmoi-toy-ypodikoy-me-nd-ekklisia-kai-astynomia
- https://www.reportersunited.gr/10077/greek-police-mafia-bakogiannis/
- siehe (2)
- AthensLive Wire 243 (https://steadyhq.com/de/athenslivegr/posts/f35978bb-094b-439d-81b4-96e7bbc8c4f6)
- https://www.efsyn.gr/ellada/koinonia/426718_epitropi-allileggyis-sti-12hroni-elleipsi-stoiheion-paraleipseis-kai
- https://www.efsyn.gr/ellada/koinonia/426490_kolafos-i-paidopsyhiatriki-etaireia-gia-tin-ypothesi-toy-kolonoy
Siehe auch: Kundgebung: Solidarität mit 12-jährigem Opfer von Frauenhandel in Griechenland

