Warum das griechische Zugunglück auch ein europäisches Versagen ist

[Diesen Beitrag hatten wir in seiner englischsprachigen Version bereits am 31.3.2023 gepostet unter dem Titel „Die griechische Tragödie ist eine europäische – und eine des Kapitals„]

Von Eurydice Bersi, Investigate Europe 10. März 2023:
„Griechenland erlebt den schlimmsten Zugunfall seiner Geschichte. Eine gemeinsame Recherche mit unserem griechischen Partner Reporters United enthüllt neue Details über das wahre Ausmaß der Fehler und des Missmanagements der Beteiligten.
Der schreckliche Zusammenstoß in Griechenland in der vergangenen Woche mit bislang 57 Todesopfern war eine Katastrophe, die zu erwarten war. 
Am späten Abend des 28. Februar bemerkte niemand, dass ein Personenzug und ein Güterzug 12 Minuten lang auf demselben Gleis bei Tempe aufeinander zurasten. Der Bahnhofsvorsteher von Larissa, der den tödlichen Fehler begangen hat, ist ein 59-jähriger ehemaliger Portier, der im vergangenen Jahr eine Ausbildung absolvierte. Er hatte nur begrenzte Unterstützung durch ein teilweise funktionierendes Kontrollsystem, das nur den Standort der Züge in der Umgebung von Larissa anzeigte. Sobald sie sich einige Kilometer aus der Stadt heraus bewegten, erblindete es. 
Während das Land von Trauer und einem nie dagewesenen Ausmaß an Wut erfüllt ist und landesweite Proteste stattfinden, hat die Frage nach den Ursachen auch eine europäische Dimension.
Die Personalausstattung bei den griechischen Eisenbahnen liegt weit unter dem, was es für den sicheren Betrieb des Netzes braucht. Auch die Trennung von Schienen- und Personenverkehrsdiensten, eine Voraussetzung für die Privatisierung, hat zu einem Zusammenbruch der Sicherheitskoordination geführt. Ersteres ist eine direkte Folge der Politik, die dem Land seit 2010 von seinen EU-Gläubigern auferlegt wurde. Das Zweite resultiert aus dem Beharren der EU-Kommission auf der Trennung von Schienen- und Bahnbetrieb.
Die Unternehmen, die die Bahnen betreiben und die Sicherheitsverbesserungen einführen, sind nicht griechisch. Die vollständig privatisierte Bahngesellschaft für den Personenverkehr gehört zur italienischen Ferrovie-dello-Stato-Gruppe. Mit der Installation eines neuen automatischen Signalsystems von Athen bis zur Nordgrenze ist das französische Unternehmen Alstom beauftragt. Bis 2016 sollte das System geliefert werden. Aber noch immer ist es nicht in Betrieb. Wäre das System bereits installiert gewesen, hätte der Unfall verhindert werden können, glauben Experten.“ weiterlesen

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