
Von Hansgeorg Hermann, Junge Welt, 8.2.2021: „Athener Justiz verschleppt Verfahren. Brüssel prüft erst jetzt Aufhebung der Abgeordnetenimmunität von Chrysi-Avgi-Anführer.
Vor genau vier Monaten hat der oberste griechische Gerichtshof Areopag die faschistische Bewegung Chrysi Avgi (CA, »Goldene Morgendämmerung«) zur »terroristischen Vereinigung« erklärt. Während die meisten der im vergangenen Oktober angeklagten und verurteilten 73 CA-Anhänger inzwischen im Gefängnis sitzen, ist einer ihrer Anführer, der EU-Abgeordnete Giannis Lagos, immer noch auf freiem Fuß. Erst seit dem vergangenen Montag beschäftigt sich in Brüssel der Justizausschuss des EU-Parlaments mit einem am 22. Oktober eingereichten Antrag der Staatsanwaltschaft in Athen, der die Aufhebung der Immunität Lagos’ fordert. Kritik an dem Verfahren, dessen genaues Ende bislang nicht abzusehen ist, weisen sowohl die griechischen Behörden als auch das Parlamentspräsidium zurück. Lagos droht unterdessen Richtern und Journalisten seines Landes mit physischer Gewalt: »Wir werden Blut vergießen …«
Immunität schützt
Griechische Medien informierten in der vergangenen Woche über den erstaunlichen Bericht der Athener Justiz, der den Antrag gegen Lagos begründet. Die an den italienischen Parlamentspräsidenten David Sassoli und die französische Vorsitzende des Justizausschusses, Manon Aubry, gerichtete Schrift ist demnach rund 2.000 Seiten lang, verfasst in griechischer Sprache – mit einer Übersetzung, die Redakteure der unabhängigen Athener Tageszeitung Efimerida ton Syntakton am Dienstag als »unlesbar und unverständlich« bezeichneten. Ein Argument, das auch das Parlament in Brüssel aufnahm: Ein solches Papier sei nicht in wenigen Tagen zu lesen, ließ Sassoli wissen. Eine schnelle Abwicklung des am Montag offiziell eingeleiteten Verfahrens versprach immerhin Aubry, die über die Liste der linken französischen Oppositionspartei La France insoumise (LFI) nach Brüssel kam“ weiterlesen.
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