
Von Isabel Armbrust
Das US-Engagement im östlichen Mittelmeer wächst auf eine ungute und gefährliche Weise. Nachdem die USA Griechenland, wie zuletzt berichtet, mit Blick auf die Ukraine und Russland zum Umschlagsplatz für amerikanisches Fracking-Gas machen wollen, werden nun Chinas Aktivitäten in der Region adressiert. Dazu gab die neue US-Botschafterin in Griechenland, Kimberley Guilfoyle, kürzlich ein klares Statement ab. Ihre Regierung, so die Ex-Fox-News-Moderatorin, heiße den wachsenden Einfluss Chinas durch die chinesische Hafengesellschaft COSCO in Piräus nicht gut. (COSCO hatte 2016, damals ganz im Sinne des Privatisierungsdiktats der EU-Troika, die Mehrheit der Anteile am Hafen von Piräus übernommen.)
Dazu ausführlich ein ins Deutsche übersetzter Beitrag im Athenslive Wire Newsletter.
Ein aktueller Text der evsyn zeigt darüberhinaus, dass die US-Botschafterin mit ihrem Vorpreschen bereits einen „Kalten Krieg“ um den von China betriebenen Hafen ausgelöst hat.
Efsyn 19-11.2025:
>„Kalter Krieg“ um den Hafen von Piräus
Frontaler Konflikt zwischen China und den USA auf griechischem Boden • Die Äußerungen der neuen US-Botschafterin in Griechenland riefen den Zorn der chinesischen Botschaft hervor, die heftig gegen sie vorging. • Die griechische Haltung ist peinlich.
Die chinesische Botschaft in Griechenland reagierte scharf auf die hetzerischen Äußerungen der neuen US-Botschafterin in unserem Land, Kimberly Guilfoyle, zum Hafen von Piräus.
Es sei daran erinnert, dass Frau Guilfoyle bei ihrer Ankunft in unserem Land mit den Worten „Guten Morgen“ das Bedauern darüber zum Ausdruck brachte, dass der Hafen in den Händen chinesischer Interessen sei,und betonte, dass die USA Möglichkeiten prüfen, die Präsenz von Cosco durch amerikanische Investitionen in andere Hafeninfrastrukturen in Griechenland zu kompensieren.
Die Aussage der neuen Botschafterin ist kein Zufall, denn Reuters hatte erst kürzlich enthüllt, dass die US-Regierung massive Übernahmen von Häfen unter chinesischer Kontrolle plant. Zu den von der Nachrichtenagentur genannten Häfen gehörte auch der Hafen von Piräus.
Auf eine Frage zur neuen US-Botschafterin in Athen antwortete der Sprecher der chinesischen Botschaft in Griechenland mit der Aussage, es handele sich um eine „böswillige Verleumdung der normalen chinesisch-griechischen Handelskooperation und eine schwerwiegende Einmischung in die inneren Angelegenheiten Griechenlands“, und bezeichnete diese Äußerungen als „von einer Mentalität des Kalten Krieges und einer hegemonialen Logik geprägt“.
Überraschend ist allerdings die unbeholfene Haltung des griechischen Außenministeriums gegenüber dem chinesisch-amerikanischen Frontalkonflikt.
Konkret beschränkte sich die Pressesprecherin des Außenministeriums, Lana Zohiou, in ihrer Antwort auf eine Frage zu den Aussagen von Kimberly Guilfoyle auf die Bemerkung, dass „Griechenland die in der Vergangenheit geschlossenen Abkommen respektiert“.
Ausführliche Stellungnahme der chinesischen Botschaft in Griechenland:
„Die neue amerikanische Botschafterin in Griechenland hat in ihrem Interview unbegründete Angriffe gegen die Investitionen und den Betrieb des Hafens von Piräus durch chinesische Unternehmen gestartet. Dies stellt eine bösartige Verleumdung der normalen chinesisch-griechischen Handelsbeziehungen und eine schwerwiegende Einmischung in die inneren Angelegenheiten Griechenlands dar. Die betreffenden Äußerungen, die von einer Mentalität des Kalten Krieges und hegemonialer Logik geprägt sind, widersprechen der grundlegenden Berufsethik eines Diplomaten und offenbaren die betrügerische Absicht der Vereinigten Staaten, ihre eigenen geopolitischen Interessen zu verfolgen und den Hafen von Piräus und sogar Griechenland auszubeuten. China drückt seine starke Unzufriedenheit und seinen kategorischen Widerstand aus.
China und Griechenland sind Freunde, die in schwierigen Zeiten zusammenhalten und zum gegenseitigen Nutzen kooperieren. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern basiert ausschließlich auf gegenseitiger Unterstützung, ohne geopolitische Erwägungen; sie richtet sich nicht gegen Dritte und wird auch nicht von ihnen beeinflusst. Als Griechenland mit der Schuldenkrise konfrontiert war, leistete China Hilfe und ermöglichte so die Entwicklung des Hafens von Piräus zu einem der wichtigsten Häfen im Mittelmeerraum und in Europa. Dadurch wurden Zehntausende von Arbeitsplätzen geschaffen und Griechenland bedeutende wirtschaftliche Vorteile gebracht. Der Erfolg der chinesischen Investitionen im Hafen von Piräus ist nicht nur ein Vorbild für die chinesisch-griechische Handelskooperation, sondern auch ein Beweis für die gegenseitige Unterstützung der beiden Völker in schwierigen Zeiten. Auch in Zukunft werden chinesische Unternehmen ihre Investitionen weiter ausbauen und gemeinsam mit den fleißigen und klugen Griechen zur weiteren Verbesserung des Hafens beitragen.“
Die griechische Reaktion:
„Der Premierminister selbst hat dies mehrfach erklärt: Der Hafen von Piräus, genauer gesagt 67 Prozent des Hafens, wurde während der griechischen Finanzkrise an die Chinesen vergeben, da diese als Einzige ein Angebot abgegeben hatten. Eine Annäherung an die USA als strategischen Partner in Fragen des Schutzes unserer gemeinsamen Interessen steht außer Frage.
Griechenland respektiert die in der Vergangenheit geschlossenen Abkommen, daher habe ich dazu nichts weiter zu sagen. Zweitens: Wir sind selbstverständlich offen für Investitionsfragen, doch fällt dies nicht in unsere Zuständigkeit.“<
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Die USA zielen auf Chinas Rolle in Piräus
Das US-Engagement im östlichen Mittelmeer könnte weiter wachsen. Nachdem die USA Griechenland, wie zuletzt berichtet, mit Blick auf die Ukraine und Russland zum Umschlagsplatz für amerikanisches Fracking-Gas machen wollen, werden nun Chinas Aktivitäten in der Region adressiert. Dazu gab die neue US-Botschafterin in Griechenland, Kimberley Guilfoyle, kürzlich ein klares Statement ab. Ihre Regierung, so die Ex-Fox-News-Moderatorin, heiße den wachsenden Einfluss Chinas durch die chinesische Hafengesellschaft COSCO in Piräus nicht gut. (COSCO hatte 2016, damals ganz im Sinne des Privatisierungsdiktats der EU-Troika, die Mehrheit der Anteile am Hafen von Piräus übernommen.
Dazu im Athenslive Wire Newsletter 329, 16.11.2025:
„Guilfoyle betritt das Spielfeld
Die neue US-Botschafterin in Griechenland, Kimberly Guilfoyle, warnte, dass man über Chinas Anteil am Hafen von Piräus beunruhigt sei. Präsident Trump „hat mich nach Griechenland geschickt, weil Griechenland eine extrem wichtige Rolle in der Region spielt. Und was wir für die Zukunft Griechenlands und der USA sehen, ist, dass Griechenland zur Energie-Drehscheibe wird“, sagte sie. Sie stellte den Hafen von Piräus in den Mittelpunkt ihrer öffentlichen Äußerungen – zuerst in einem Fernsehinterview bei ANT1 und erneut beim Forum Greece Talks am 14. November.
Guilfoyle betonte Washingtons Sorge, dass die Vereinigten Staaten in wichtigen europäischen Häfen „Boden verloren“ hätten gegenüber Russland und China, wobei Piräus als herausragendes Beispiel gilt. COSCO hält derzeit einen Anteil von 67 % am Hafen, während in Thessaloniki die Kontrolle bei Ivan Savvidis liegt, dessen Interessen eng mit Russland verbunden sind.
Laut der Botschafterin sind diese Einflussstrukturen etwas, das die USA angehen wollen. „Wir wollen zeigen, dass Griechenland die Energie-Drehscheibe werden kann, die uns hilft, russische und chinesische Interessen auszugleichen. Was wir anstreben, ist Energieunabhängigkeit, die die Landesverteidigung und die nationale Sicherheit stärkt“, erklärte sie.
Offenbar geht es den USA nicht um Griechenlands „Energieunabhängigkeit“, sondern um die vollständige Ausrichtung des Landes an US-Interessen. Guilfoyle bezog sich auf die politischen und wirtschaftlichen Realitäten, die Griechenlands Entscheidungen geprägt hätten, als der Hafen von Piräus an COSCO übergeben wurde, und erwähnte, dass das Land damals tief in der Rezession steckte, mit wenigen Bietern und geringer Stabilität. Guilfoyle spielte dabei subtil auf Entscheidungen der damaligen ND-Karamanlis-Regierung an.
Ihre Kommentare waren nicht zufällig. Seit Monaten äußern US-Beamte wachsende Besorgnis über Chinas Kontrolle strategischer Infrastruktur in Europa. Guilfoyle bekräftigte, dass Washington aktiv Alternativen entwickelt, einschließlich der Möglichkeit, das amerikanische Engagement in der griechischen Hafeninfrastruktur auszuweiten. Sie sagte, man prüfe neue Möglichkeiten für eine tiefere Zusammenarbeit rund um den Hafen von Piräus und merkte an, dass bereits Gespräche im Gange seien – mit Zusagen, Planungen und Beteiligung amerikanischer Unternehmen, unterstützt von griechischen Offiziellen wie Stavros Papastavrou.
Die Botschaft der US-Seite ist klar: Das geopolitische Gleichgewicht in Europas Häfen verschiebt sich, und Washington beabsichtigt, seine Präsenz erneut zu behaupten. Kurz gesagt, Guilfoyle sprach eine Warnung an Griechenland aus: Die USA wollen China aus dem Hafen von Piräus verdrängen. „Ich denke, es gibt Wege, wie sich da etwas arrangieren ließe“, schlug sie vor.
Als hätte Griechenland nicht schon genug geopolitisches Tauziehen zu verkraften, kam ein weiterer Paukenschlag hinzu, als Guilfoyle die Hoffnung äußerte, Donald Trump könnte Athen besuchen – und vielleicht sogar auf der Akropolis erscheinen. „Das würden wir doch alle lieben, oder?“ sagte sie und fügte hinzu: „Ich werde ihn fragen.“
Hinter den Kulissen
Reuters berichtete bereits im September, dass die USA beabsichtigten, „chinesische Interessen im griechischen Hafen von Piräus zu prüfen“ – als Teil von Präsident Donald Trumps Mission, „Chinas globales Netzwerk von Häfen zu schwächen und mehr strategische Terminals unter westliche Kontrolle zu bringen“ – Teil „der ehrgeizigsten Bemühung zur Ausweitung des US-maritime Einflusses seit den 1970er Jahren.“
COSCO, der staatlich kontrollierte Schifffahrtsriese Chinas, hält einen Anteil von 67 % an der Hafenbehörde Piräus – eine Position, die den Hafen faktisch zu einem wichtigen Tor für den chinesischen Handel nach Europa gemacht hat. Seine Terminals dienen nun als eine der wichtigsten logistischen Verbindungen zwischen Asien und dem europäischen Markt und verschaffen China ein gutes Standbein im östlichen Mittelmeer.
Doch diese Dominanz blieb nicht ohne Reibungen. Die griechische Regierung drängt COSCO, längst versprochene Infrastrukturverbesserungen zu beschleunigen, darunter modernisierte Passagierterminals, verbesserte Sicherheitssysteme und moderne digitale Konnektivität im gesamten Hafen. Mehrere dieser Zusagen, so griechische Beamte, seien nur langsam umgesetzt worden, was Sorgen aufwirft, ob die Entwicklung des Hafens mit seiner strategischen Bedeutung Schritt hält.
Sicherheitsüberlegungen haben die Diskussion vertieft. Durch die jüngsten Aussagen von Botschafterin Kimberly Guilfoyle hat Washington die Präsenz von COSCO nicht nur als kommerzielle Angelegenheit, sondern als Thema mit erheblichen strategischen Implikationen dargestellt.
Im vergangenen Januar setzte das Pentagon COSCO auf eine schwarze Liste wegen angeblicher Verbindungen zum chinesischen Militär – ein Schritt, der verdeutlicht, wie ernst US-Verteidigungsbeamte Pekings maritime Expansion sehen. COSCO erklärte, dass keine seiner gelisteten Einheiten Militärunternehmen seien. Der Schritt alarmierte Griechenland, berichtete Reuters.
Laut einem Bericht des US Council on Foreign Relations hatte China bis August 2024 in 129 Hafenprojekte weltweit investiert. Die chinesische Schiffbauindustrie ist, so wird geschätzt, 230 mal größer als die US-amerikanische, und Washington rechnet mit Jahrzehnten, um diese Lücke zu schließen.
Für Griechenland ist die Debatte zweigleisig: wirtschaftlich und geopolitisch.
Einerseits hat der Betrieb von COSCO Piräus 2023 zum viertgrößten Containerhafen Europas gemacht und seine Rolle als kritisches Drehkreuz für den Seehandel gestärkt, was greifbare wirtschaftliche Vorteile brachte. Andererseits ist das Ausmaß der chinesischen Kontrolle zu einem Brennpunkt für die USA geworden – mitten in einem intensiven Wettbewerb um Einfluss in Europas Häfen und Logistiknetzwerken.
Auch die EU ist involviert. Anfang dieses Jahres führte die Europäische Staatsanwaltschaft eine der größten Container-Beschlagnahmungen in der Geschichte der EU im Hafen von Piräus durch. Mehr als 2.400 Container wurden sichergestellt, die mit einem weitreichenden Steuerhinterziehungsnetzwerk verbunden sein sollen, das chinesische Waren nach Europa importiert. Die Untersuchung, unterstützt von OLAF, deckte systematische Unterfakturierung, falsche Klassifizierung und Mehrwertsteuerbetrug in Höhe von Hunderten Millionen Euro auf. Offiziell ist die Operation eine fiskalische und strafrechtliche Maßnahme, die darauf abzielt, die EU-Einnahmen zu schützen und gegen organisierte kriminelle Netzwerke vorzugehen, die die Zollregeln Europas ausnutzen.
Doch der Fall hat auch eine geopolitische Bedeutung. Während das Mandat der Europäischen Staatsanwaltschaft strikt finanziell ist, verstärkt die Tatsache, dass ein derart groß angelegter Betrug über einen Hafen mit strategischem chinesischem Interesse lief, die Besorgnis in Brüssel über Kontrolle, wirtschaftliche Souveränität und ausländischen Einfluss auf kritische Infrastruktur. In diesem Sinne ist die Beschlagnahmung an sich kein geopolitischer Schritt, ist jedoch verlinkt mit den breiteren Bemühungen der EU, den strategischen Fußabdruck von Nicht-EU-Mächten in Europas Transportkorridoren genauer zu prüfen.“

