Montag, 29. Februar 2016, 19.30 Uhr, Stuttgart, Forum 3, Gymnasiumstr. 21
„Fluchtursachen bekämpfen- nicht Flüchtlinge!“
Lesbos/Madrid. Eine Delegation der Gesellschaft Kultur des Friedens (GKF) hat letzte Woche auf Lesbos anlässlich eines Solidaritätskonzertes für Flüchtlinge, freiwillige Helfer/Innen und die Inselbevölkerung an verschiedenen Treffen mit Initiativen, Gemeinden und dem Bürgermeister von Mytilene teilgenommen.
Im Bundestag wurde nun ein „Asylpaket 2″ zur Abwehr von Flüchtlingen verabschiedet und in Wien auf einer Balkankonferenz Grenzschließungen vereinbart – ohne Verständigung mit Griechenland. Dort bleiben jetzt die Flüchtlinge hängen. Mitglieder der GKF erlebten vor Ort, wie die Flüchtenden um ihr Leben bangen und mit einer Militarisierung bei der Abwehr von Flüchtlingen konfrontiert sind, die aus der Türkei auf die griechischen Inseln nach Europa flüchten.
Direkt im Anschluss an Lesbos hat die GKF bei einem europäischen Treffen in Madrid mit mehr als 1.000 Vertreter/Innen aus ganz Europa, vor allem von Solidaritätsbewegungen über ihre aktuellen Erfahrungen aus Lesbos berichtet und zu einem internationalen “ Solidaritätsfestival „vom 1.-15. August 2016 nach Lesbos mit Not- Wendigen Aktionen eingeladen.
Die EU hat bis heute von der ausgehandelten Zusage einer Aufnahme von 160 000 Flüchtlingen bisher nicht einmal 500 Flüchtlinge in Europa zugeteilt. 4.000 Flüchtende haben 2015 im Mittelmeer ihr Leben verloren. Mehr als 300 Flüchtende in diesem Jahr, dies ist eine Schande für die EU.
Was müssen wir tun um die „Fluchtursachen lokal und global zu bekämpfen und nicht die Flüchtlinge?“
Diskussionsveranstaltung mit aktuellen Bildbericht aus Lesbos/Griechenland
Gesellschaft Kultur des Friedens, Welthaus Stuttgart, Charlottenplatz 17,
E-mail: info@kulturdesfriedens.de, www.kulturdesfriedens.de
Veranstaltung des Griechenland-Solidaritätskomitees Kiel und der Rosa-Luxemburg-Stiftung
mit
– Claus Kittsteiner, Mitglied von attac und Griechenland-Soli-Aktivist, Teamleiter des Projektes “Volunteers for Lesvos” auf Lesbos (Griechenland)
– und mit antirassistischen AktivistInnen aus Kiel, die sich im Dezember/Januar selbst auf den Weg an die griechisch-mazedonische (FYROM) Grenze machten, um sich dort ein Bild von der Situation vor Ort zu machen und ankommende Geflüchtete direkt zu unterstützen. In der Veranstaltung werden sie von ihren Erfahrungen berichten und Möglichkeiten zur praktischen Unterstützung aufzeigen.
Am Donnerstag, den 31. März um 19.00 Uhr in der Pumpe (Galerie)
Zur Situation der Flüchtlinge auf Lesvos und der Balkanroute
Um die 800.000 Flüchtende – überwiegend aus Syrien, Afghanistan und Irak – sind im vergangenen Jahr im krisengeschüttelten Griechenland gestrandet. Die mit Aufopferungsbereitschaft kämpfenden solidarischen Menschen und Gruppen und Teile der griechischen Küstenwache haben über 100.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet.
Die EU-Innenminister haben Griechenland nun aufgefordert, seine Seegrenze besser zu schützen. Sollte das nicht gelingen, könne Griechenland vorübergehend aus dem Schengenraum ausgeschlossen werden. Die EU hat nun Frontex, die „EU-Grenzschutztruppe“, und die Nato in die Ägäis geschickt, um auf eigene Initiative für den „Schutz“ der EU-Außengrenze zu sorgen.
Die Abschottungspolitik der EU und ihre Kriegspolitik ist für die Flüchtlinge ein Desaster.
Türkische Sicherheitskräfte fingen im Dezember an, Flüchtlinge daran zu hindern, von der türkischen Küste auf griechische Inseln über zusetzen. Deshalb müssen sie jetzt auf Passagen ausweichen, auf denen die Bootsfahrt noch gefährlicher ist. Daher ist zu erwarten, dass immer mehr Menschen ihre Flucht mit dem Leben bezahlen.
Die griechische Regierung weigert sich aus extrem nationalistischen Gründen, den Natodrahtzaun am Fluss Evros, der Landesgrenze zwischen Griechenland und der Türkei, zu entfernen. Dies steht in vollem Widerspruch zu den Erklärungen Syrizas bis Mai 2015. Somit trägt die SYRIZA-ANEL Regierung direkt zum Ertrinken so vieler Menschen bei. Die Erpressung Griechenlands durch die EU-Institutionen
verschärft die bereits bestehende humanitäre Katastrophe. Statt Lager an den Außengrenzen der EU einzurichten, in denen Geflüchtete für längere Zeit zu schlechtesten Bedingungen leben sollen, müssen legale und sichere Wege für Schutzsuchende geschaffen werden. Durch die in Deutschland beschlossenen Asylrechtsverschärfungen und die Dublin-Richtlinien der EU wird Griechenland zusätzlich unter Druck gesetzt, statt das Land finanziell ausreichend zu unterstützen, damit die katastrophale humanitäre Situation der Geflüchteten, insbesondere auf den Inseln, verbessert werden kann.
“Volunteers for Lesvos”.
Claus Kittsteiner, Mitglied von attac und Griechenland-Soli-Aktivist ist seit dem Sommer 2015 als freiwilliger Helfer auf der Insel Lesbos und seit November Teamleiter des Projektes “Volunteers for Lesvos“.
Das Projekt wurde von der Initiative “Respekt für Griechenland” ins Leben gerufen, mit dem Ziel die lokalen Organisationen zu unterstützen, die sich seit Jahren engagieren, um die Situation für die Ankommenden erträglicher zu machen, Versorgungslücken zu schließen und sichere Räume zu schaffen. Dafür ist ein Team wechselnder Freiwilliger über einen längeren Zeitraum vor Ort. Die Arbeit selbst ist ehrenamtlich, jedoch müssen die Kosten für Anreise und Unterkunft aufgebracht werden. Außerdem sollen die Freiwilligen mit einem Fond zur spontanen und situationsabhängigen Linderung der größten Not ausgestattet sein.
Aktuell schrieb Claus Kittsteiner über seine Erfahrungen aus Lesbos:
„Hin und wieder zeigt sich ein Politiker vor den Kameras, lobt die Arbeit der Freiwilligen und verschwindet nach salbungsvollen Worten ohne Folgen, wenn ihn z.B. der Bürgermeister der Hauptstadt von Lesbos fragt, warum denn die Flüchtenden mit ihren Kindern nicht sicher über die Fähren von der Türkei übersetzen dürfen in Anbetracht der vielen Ertrunkenen, darunter auch sehr viele Kinder. Humanitäre Bekundungen nicht nur im Munde zu führen, sondern sie umzusetzen an Stelle von todbringenden EU-Regeln fordert auch er damit – unbequemer Weise. Auch hier auf Lesbos sind – wie in den Jahren zuvor und, wie es heißt, auch weiterhin in den kommenden Jahren – in den ersten Tagen des neuen Jahres 2016 zahlreiche Schlauchboote aus der Türkei angekommen – bei null Grad, die Menschen durch gefroren, durchnässt, krank, nach lebensgefährlicher Überfahrt bei Wind und Wellen aufgelöst weinend, schockiert schweigend, traumatisiert.“
Idomeni – ein kleines griechisch-mazedonisches Grenzdorf hat als Nadelöhr auf der Balkan-Fluchtroute unrühmliche Bekanntheit erlangt. Seit Monaten wollen täglich Hunderte bis Tausende Menschen auf ihrer Flucht vor Krieg und Tod diesen Abschnitt passieren, sind dort allerdings mit rassistischer Selektion und Gewalt, polizeilichen Räumungen und einem akuten Mangel an Unterbringungen und Lebensmitteln konfrontiert. Staatliche Strukturen konzentrieren sich auf die Sicherung der Grenzen, die Versorgung der Geflüchteten wird zu großen Teilen von freiwilligen Unterstützer_innen übernommen.
http://www.griechenlandsolikiel.de/
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